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So hätten wir gewählt!


Die Juniorwahl gibt Jugendlichen eine Stimme, die sonst in dieser Form nicht gehört wird. Denn die Teilnahme an einer Wahl ist erst ab 18 Jahren möglich. Die Schülerinnen und Schüler des DPFA-Regenbogen-Gymnasiums Augustusburg haben schon jetzt ganz konkrete Wünsche und Forderungen an die Politiker von heute.

Ein Schüler sitzt an einem Tisch und schaut auf ein Blatt Papier, während ein Mädchen davorsteht und wartet.
„Wahltag“ am DPFA-Regenbogen-Gymnasium Augustusburg: Schüler:innen der Klassen 7 bis 12 beteiligten sich anlässlich der Bundestagswahl am 26. September 2021 an der bundesweit durchgeführten Juniorwahl und konnten so selbst erleben, wie eine Wahl abläuft. Zuvor hatten sie sich Gedanken darüber gemacht, welche Wünsche und Forderungen sie an die Politik für eine bessere Zukunft ihres Landes haben. Foto: Caroline Lindner/DPFA Augustusburg

An diesem ganz besonderen Dienstag bildet sich eine kleine Schlange auf dem Flur des Schulhauses: Wählen zu gehen, bedeutet erst einmal: Anstehen. Denn „Wahlvorstand“ Linus nimmt seinen Job ernst: Er lässt sich die Wahlbenachrichtigung zeigen und überprüft die Angaben mit denen in dem vor ihm liegenden Wählerverzeichnis. Erst dann händigt er seinen Mitschülerinnen und Mitschülern der Klasse 8 die Wahlzettel aus – sie gleichen den Originalen, mit denen am heutigen Wahlsonntag alle mittelsächsischen Wahlberechtigten ihre Stimme bei der Bundestagswahl abgeben können.

Wahlkabine mitten im Schulhaus

Auch sonst ist alles ziemlich echt bei dieser Juniorwahl, an der sich das DPFA-Gymnasium bereits zum zweiten Mal beteiligt: Es gibt Wahlkabinen, die Wahlurne ist versiegelt und wird von den beiden „Wahlhelfern“ Hermann und Emely überwacht. Die meisten der 13- und 14-Jährigen, die in der Schlange auf ihre Stimmabgabe warten, haben sich vorher mit den Wahlprogrammen der zur Wahl stehenden Parteien auseinandergesetzt und sich durch den Wahl-O-Mat geklickt. Gerade haben sie im Unterricht noch einmal wiederholt, wo und wie viele Kreuze sie auf dem Wahlzettel setzen dürfen.

Wunsch: Wahlrecht ab 16 

Die Achtklässler schätzen es als okay ein, dass sie jetzt noch nicht wählen dürfen. „Ich finde, Jugendliche sind leichter zu beeinflussen, vor allem auch durch die sozialen Medien. Und manche Erwachsenenthemen wie Steuern sind für uns schwer zu verstehen“, findet Niklas, 14 Jahre. Definitiv sinnvoll findet er aber die Wahlberechtigung ab einem Alter von 16 Jahren – „so wie es von vielen Parteien gefordert wird.“ Wichtigstes Thema ist für ihn der Klimaschutz. Paula-Sophie, 14, fiel es anfangs schwer, sich zu entscheiden, „weil die Parteien teilweise ähnliche Meinungen haben.“ Doch durch das Lesen der Wahlprogramme und mithilfe des Wahl-O-Mats habe sie eine Partei gefunden, bei der sie heute das Kreuz machen möchte. „Mir ist wichtig, dass alle Menschen gleichberechtig behandelt werden, aber auch, dass sich die Politik für eine bessere Tierhaltung einsetzt und Verbrennungsmotoren abschafft“, so die Achtklässlerin.

Die Juniorwahl ist ein Projekt zur politischen Bildung in Schulen. Nachdem im Unterricht über demokratische Prozesse, Wahlprogramme und der konkrete Ablauf einer Wahl gesprochen wurde, bildet ein real simulierter Wahlakt parallel zu Landtagswahlen, Bundestagswahlen und Europawahlen den Projekthöhepunkt; die Schüler setzen sich so ca. einen Monat intensiv mit dem Thema „Demokratie und Wahlen“ auseinander. Das handlungsorientierte Konzept der Juniorwahl fördert dabei nachweislich das politische Interesse und die Partizipationsbereitschaft von Jugendlichen. Seit 1999 wird die Juniorwahl vom gemeinnützigen und überparteilichen Verein Kumulus e.V. durchgeführt. Das Projekt zählt inzwischen zu den größten Schulprojekten in der Bundesrepublik Deutschland.

Klassen 7 bis 12 beteiligen sich

In Augustusburg nehmen nach Angaben von Fachlehrerin Nathalie Freitag die Klassen 7 bis 12 an der Juniorwahl teil. „Ich nehme die Kinder und Jugendlichen sehr wohl als sehr politisch interessiert wahr und eben nicht so, wie es manchmal dargestellt wird“, so Nathalie Freitag, die das Fach Gemeinschaftskunde – Recht – Wirtschaft unterrichtet. „Es geht darum, Demokratie zu simulieren, damit die Schüler:innen wissen, was auf sie zukommt.“ Ist die Juniorwahl gelaufen, zählen die Schulen die Stimmzettel aus und melden die Ergebnisse online an den Veranstalter. Das Ergebnis wird am Wahlsonntag um 18 Uhr veröffentlicht. 

Ergebnisse wirken auf Politiker 

Und auch wenn es keine „offizielle“ Wahl ist, so erhofft sich Nathalie Freitag für ihre Schützlinge dennoch, dass die Stimmen der Jugendlichen Gewicht haben. „Die Juniorwahl wird meist medienwirksam ausgewertet, sodass die große Politik schon mitbekommt, was die Jugend gewählt hätte.“

Eine Frau trägt eine große weiße Kiste mit der Aufschrift „Wahlurne“.
Nathalie Freitag, Fachlehrerin für Gemeinschaftskunde - Recht - Wirtschaft, bringt die versiegelte Wahlurne ins Lehrerzimmer für die spätere Auszählung. Foto: Caroline Lindner/DPFA Augustusburg